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Impotenz – wenn Männlichkeit unter Druck gerät

  • Autorenbild: Christian Scharl
    Christian Scharl
  • 7. Aug.
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 27. Aug.

Erektionsstörungen und Impotenz sind nicht das Ende, sondern ein Neubeginn!
Warum sich Männer als Versager und Frauen sich nicht begehrt fühlen ...

 

Warum du nicht „funktionierst“ – und Impotenz sogar ein guter Anfang sein kann.


Wenn der Penis zum Maßstab für den Mann wird


Viele Männer, die mit Erektionsproblemen zu mir in die Praxis kommen, haben eigentlich nur eine einzige Frage: „Was stimmt nicht mit mir?“


Das sitzt. Weil diese Frage selten nur den Penis meint – sondern immer auch: das Selbstbild, die Männlichkeit, das Gefühl, „ein richtiger Mann“ zu sein.


Der Gedanke dahinter geht oft so:

„Ich habe keinen hochbekommen. Also bin ich nicht männlich genug. Ich funktioniere nicht. Ich genüge nicht. Punkt.“


Und genau hier beginnt der eigentliche Schmerz. Nicht bei der fehlenden Erektion – sondern bei der Bedeutung, die der Mann ihr gibt.

Die Erektion wird zur Eintrittskarte in den Club der „echten Männer“.

Kein Stehvermögen? Kein Zugang.


Das ist natürlich völliger Unsinn – aber ein gesellschaftlich hartnäckiger.

Schon Jungen hören: „Sei stark.“ „Reiß dich zusammen.“ „Du bist doch ein Kerl.“

Später übersetzt sich das in die Idee: „Ich muss können. Ich muss liefern. Ich darf nicht versagen.“


Und im Bett heißt das: Die Erektion muss auf Knopfdruck bereitstehen. Ohne Zögern. Ohne Zweifel.

Das Problem ist nur: Der Penis ist kein Roboter. Er reagiert nicht auf „Müssen“.

Er reagiert auf Lust, auf Sicherheit, auf Entspannung. Und auf echte Verbindung.


Aber genau das fehlt, wenn die Gedanken kreisen:

„Ich darf jetzt nicht versagen.“

„Das muss jetzt klappen.“

„Sie wird enttäuscht sein.“

„Ich muss das wieder gut machen.“

„Bitte, steh endlich auf – sonst denkt sie, ich find sie nicht attraktiv.“


All diese Gedanken sind keine sexy Hintergrundmusik. Sie sind ein Sturm im Kopf, der den Körper in Alarmbereitschaft versetzt. Und da ist keine Erektion mehr möglich.

Weil das parasympathische Nervensystem, das für die Erektion zuständig ist, bei Alarm einfach abschaltet.


Der Mythos von der zuverlässigen Erektion


Ein weit verbreiteter Irrtum: Viele Menschen – Männer wie Frauen – glauben, dass eine Erektion einfach „automatisch“ kommt, wenn ein Mann sexuell erregt ist.

Nach dem Motto: Lust an – Penis hoch.


Und das stimmt manchmal – aber eben nicht immer.

Denn die Erektion ist ein sensibles Zusammenspiel aus körperlichen, emotionalen und psychischen Faktoren. Ein kurzer Stressmoment, eine minimale Unsicherheit oder ein Kommentar zur falschen Zeit kann reichen – und zack, alles fällt in sich zusammen wie ein schlecht aufgepumpter Fahrradreifen.


Der Penis ist eben kein Mechaniker. Er ist mehr wie ein Künstler: Er will sich sicher fühlen, inspiriert sein, spielen dürfen. Und wehe, du gibst ihm Druck – dann geht er beleidigt in die Ecke.


Viele Männer sind davon schockiert. Sie denken: 

„Das darf doch nicht sein. Ich war doch scharf. Wieso passiert da nichts?“

Oder:

„Früher hat das doch immer funktioniert. Jetzt nicht mehr. Was ist los mit mir?“


Was los ist?

Vielleicht nichts Schlimmes.

Vielleicht nur ein Körper, der nicht mehr so funktionieren will wie das Selbstbild, das du dir von dir gemacht hast.

Vielleicht ein Penis, der nicht mehr der Vorzeige-Held sein will, sondern endlich ein echter Teil von dir.


Intrusivität – die Bedeutung des Eindringens


Ein Punkt, der in der Diskussion über Impotenz oft vergessen wird, ist die emotionale Bedeutung des Eindringens für viele Männer.


In der Sexualwissenschaft sprechen wir von Intrusivität – der Fähigkeit, mit dem Penis in die Partnerin einzudringen. Das mag technisch klingen, aber dahinter steckt etwas sehr Menschliches:


Das Gefühl, sich ganz nah zu verbinden, einzutauchen, „eins zu werden“.


Für viele Männer ist genau das ein zutiefst berührender Moment. Nicht, weil sie dominieren wollen, sondern weil sie sich als Teil der Partnerin erleben wollen – körperlich, emotional, energetisch.


„Tiefer als ineinander geht eigentlich nicht“


Wenn das fehlt, bleibt oft nicht nur das körperliche Erlebnis aus – sondern auch ein emotionales.

Viele Männer berichten, dass sie sich durch die fehlende Erektion nicht nur körperlich abgeschnitten fühlen, sondern auch als Partner „entkoppelt“.

Nicht eindringen zu können wird zu einem Gefühl von: „Ich finde keinen Zugang mehr zu ihr.“

 

Und das kann in einer Beziehung auf mehreren Ebenen belasten – selbst wenn die Partnerin verständnisvoll ist.


Was das mit der Frau macht – wenn der Penis schweigt


Hier kommen wir zu einem Aspekt, der oft untergeht:

Was bedeutet es eigentlich für die Frau, wenn der Penis des Partners nicht mitmacht?


Auch Frauen knüpfen an die männliche Erektion oft mehr Bedeutung, als ihnen selbst bewusst ist:


„Vielleicht bin ich nicht mehr attraktiv genug.“

„Vielleicht liebt er mich nicht mehr.“

„Vielleicht hat er eine andere.“


Denn: In vielen Köpfen (und Herzen) ist eine harte Erektion der ultimative Beweis von Begehren.

Wenn sie ausbleibt, macht sich Unsicherheit breit.

Und das ist kein Vorwurf – sondern eine nachvollziehbare Reaktion.


Ich habe schon viele Frauen in Gesprächen erlebt, die sagten:


„Ich hab mich plötzlich gefragt, ob ich zu alt bin. Ob mein Körper noch schön genug ist. Ob ich was falsch gemacht habe.“

 

Dabei hat es oft gar nichts mit ihr zu tun. Aber sie ist nun mal der Spiegel, in dem der Mann sich betrachtet – auch sexuell.

Und wenn in diesem Spiegel keine Lust zurückkommt, beginnt das Kopfkino.

 

Rezeptivität – wenn das Gefühl der Aufnahme fehlt

 

Neben dem emotionalen Einfluss gibt es auch eine körperliche Dimension, die bei Erektionsstörungen oft vergessen wird:

Was bedeutet es für eine Frau, wenn Penetration nicht möglich ist?

 

Für viele Frauen ist das Aufnehmen des Partners ein tiefes, spürbares Erlebnis – ein Teil ihrer eigenen Lust. Sex ist mehr als Technik. Es ist ein Gefühl von:

 

„Ich liebe es dich in mir spüren.“

„Ich möchte mich von dir ausfüllen lassen.“

„Ich genieße es, gestoßen zu werden – nicht, weil du etwas von mir willst, sondern weil ich es liebe, mich darin zu verlieren.“

 

Das nennen wir Rezeptivität – die Fähigkeit, etwas aufzunehmen und sich darin ganz körperlich zu erleben.

 

Wenn diese Form der Begegnung wegfällt, kann sich auch für die Frau etwas verschieben.

Manche Frauen beschreiben, dass es sich dann anfühlt, als fehle etwas – nicht nur im Körper, sondern in der Verbindung.


Und auch das gehört zur Wahrheit von Erektionsproblemen: Sie betreffen immer beide.

 

👉 Vorschau auf Artikel 3:

 

„Druck raus, Lust rein – was Erektion wirklich braucht“

Wir sehen uns an, wie eine Erektion physiologisch funktioniert, warum Entspannung der wichtigste Treiber ist und wieso Leistungsdruck im Bett oft das beste Rezept für Impotenz ist.

Außerdem: Wie du die Lust zurückholst – mit Körperwahrnehmung, Langsamkeit und ehrlichem Interesse.


🔎 Wenn du dich in diesem Text irgendwo selbst entdeckt hast...

 

Dann bist du nicht allein.

Und vielleicht ist genau jetzt der Moment, etwas zu ändern – nicht am Penis, sondern am Umgang mit ihm. In meiner Praxis unterstütze ich Männer und Paare dabei, sich selbst (und ihre Lust) wieder zu spüren.

Ohne Druck. Ohne „Müssen“. Dafür mit ehrlicher Neugier und menschlicher Tiefe.

 

Wenn du magst, schreib mir.

Ich höre dir zu – und gemeinsam finden wir heraus, was dich wirklich berührt.


 

 
 
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